"Unser" Tim ist 15, als er durch eine Richterin davor bewahrt wird, ein 3. Mal in eine Erziehungsanstalt zu kommen, die einer Strafanstalt für Minderjährige mehr gleicht (dem gleichzusetzen ist), als einem Kinderheim für eltern - und heimatlose Kinder. Diese Richterin nimmt ihn ernst. Er macht seine Ausbildung als Wasserspeiersteinmetz. Mit 16 beginnt er ein Boxertraining, boxt sich seine Wut, seinen Hass regelrecht von der Seele. (In wie weit ein regelgeleitetes Boxen etwas mit Zärtlichkeit - wie der Autor es nennt - zu tun hat, sei erst mal dahin gestellt und kann b. Bed. diskutiert werden).
Diese Zeit kann in gewisser Weise als der Beginn einer inneren Umwandlung gesehen werden. Denn Tim bemerkt seine innere Leere. Diese wird schlagartig "gefüllt" als er das erste Mal zusammentrifft mit jungen Christen, die gemeinsam mit Behinderten ihr Leben verbringen. Die unschuldige Offenheit, direkte Herzlichkeit dieser behinderten Menschen ist es, was Tim anspricht. Da sind Menschen, hilfsbedürftiger als er, aber dennoch stärker. Sie helfen ihm, dem starken Mann, sich innerlich zu wandeln, einen neuen Weg zu finden. Der Weg heisst Liebe und führt zunächst zu einem Pfarrer. Dieser nimmt es auf sich, hinter Tim auf dessen Motorrad zu sitzen und sich auf halsbrecherige Art über Stock und Stein fahren zu lassen. Das imponiert Tim; fortan besucht er täglich den Pfarrer. Dieser wird ihm Wegweiser.
Zeit vergeht, aus dem hassenden wird ein liebender.... Diese Umwandlung fiel nicht immer leicht, berührt den Lesenden um so mehr. Ca. 24 jährig, verheiratet kann Tim sagen: "Heute bin ich ein glücklicher Mann". Er beschreibt einen bildhaften Vergleich: Im Garten bedarf es des Mistes, damit Pflanzen gedeihen. Seine Vergangenheit nennt Tim den "Mist". Der darf, damit Zukunft (Pflanzenwachstum) möglich wird, nicht zu heiß (frisch) sein, sondern abgelagert, abgekühlt; eben kompostiert, geruchlos. "Aber wenn das Denken immer in der zu heißen Vergangenheit verhaftet, dann erstickst Du". Dieses Loslassen - Können, Umwandeln - Können ist für den Autor bezeichnend. Um dazu vollkommen fähig zu sein, sucht er noch mal seinen Vater auf und macht bei der ersten Begegnung einen entscheidenden Fehler. Denn der Vater hat nicht den selben Entwicklungsweg hinter sich. Die Konfrontation mit der Vergangenheit - bedingt durch die Aussage des erwachsenen Sohnes: Ich bin nun Christ und vezeihe Dir - ist nicht sofort verarbeitbar.
Für wichtig und vielleicht auch für den einen oder anderen hilfreich halt ich eine Schlussaussage des Autors. Er beschreibt seine vier Kinder als seine Wurzeln, die das ausgesetzte und misshandelte Kind, das er einst war, ja nicht in Form eines eigenen Elternhauses hatte. - Hier stellt sich für mich die weiterführende Frage: Was sind unsere Wurzeln? Nur die familiäre Abstammung, das eigene Elternhaus? Kann ich als Elternteil ein "Wurzelteil" für meine Kinder sein und diese eben auch für mich? Wie ist es mit meinen Zielen, meinem Streben, meinem Erreichten... eben meinem Weg durch das eigene Leben, das sich Bemühen?? Find ich "Wurzeln" auch in mir?
Vielleicht reichen diese gedanklichen Anregungen erst mal. Ich würde mich freuen, wenn noch andere Leser des Buches sich hier an einem virtuellen Austausch beteiligen würden.
Liebe Grüße, Uli 