Teil 8
Unter blauem Frühlingshimmel abseits der Schule an einem Hang sitzt Christian mit Klassenkameraden. Sie stehen kurz vor dem Abitur. Aber das Angstthema ist die Wehrverpflichtung. Nach der Sollerfüllung ist der Direktor verpflichtet 100%ige freiwillige Meldung der Schulabgänger nach oben zu melden. Falk will sich nicht verpflichten:“ Ich schieß auf niemanden.“ Siegbert will sich zum Erschrecken der andern freiwillig für 4 Jahre melden. Er will nautischer Offizier werden und kann dies nur, wenn er Offizier auf Zeit bei der Volksmarine war. . Verena zornig:“ Genauso gut könntest du sagen: Ich will zur See. Die verlangen, dass ich einen Menschen töte - also töte ich einen Menschen. Christian weiß, dass er zustimmen muss, will aber dies nicht ohne
Gegenargumentationen tun. Ein Stück Rückgrat und eigene Meinung möchte er behalten. Er äußert sich aber nicht vor den andern.
Den 25. April 1983 wird Christian dann nie vergessen. Einzeln ins Direktorzimmer gerufen, wurde er, entgegen seiner Erwartung äußerst freundlich
empfangen. Mit bewegten Worten lobt der Direktor seine Leistung. Allmählich leitet er dazu über, dass dieser Arbeiter- und Bauernstaat durch die Mühe der Arbeiter und Bauern ihm, Christian, diese unbeschwerte Zeit der Wissensaneignung ermöglichte. Er, der nun sogar Medizin studieren wolle, sei ja
wohl selbstverständlich bereit, sein Ja zum dreijährigen Ehrendienst in der Nationalen Volksarmee (NVA) zu geben. Der Direktor redet und redet und auf
einmal hat Christian das Bedürfnis, dem Mann zuzustimmen. Ja, sogar nicht mit Phrasen, sondern mit Überzeugung. Er wollte den Mann nicht enttäuschen und in seinen Knochen breitete sich unaufhörlich die Angst immer weiter aus. Blass vor Überzeugung hört er sich behaupten, dass er sich mit diesem Gedanken schon lange beschäftigt habe, seit dem Eintritt in die EOS. Er habe auch an den Demonstrationen in Dresden für den Frieden teilgenommen. Er kenne die Lage in Polen, wo das System des Sozialismus von revanchistisch gesonnenen Kräften bedroht werde. Das Gesicht des Direktors lässt leichten Abscheu erkennen, aber Christian redet und redet und lügt voller Ehrlichkeit. Erst abends begreift er, dass er vor dem Direktor gekrochen war.
Richard, Leiter einer Abteilung in der Klinik, gerät immer mehr in Bedrängnis. Seine Freundin Josta setzt ihn zunehmend unter Druck, er solle seine Frau
verlassen. Sie inszeniert einen Selbstmordversuch, der sie für 3 Wochen in klinische Behandlung bringt. Richard muss sich um die nun alleingelassenen
Kinder, seine Tochter Lucia und deren Halbbruder, uneheliches Kind von Josta kümmern, und Josta am Krankenbett besuchen. Sein Verhalten fällt immer mehr Menschen auf. Richard wird zunehmend erpresst und macht sich immer erpressbarer. Als Josta wieder aus dem Krankenhaus zurück ist, scheint sie
vernünftiger. Aber ihre kühle eisige Haltung macht ihm nun Angst. Josta ist Chefsekretärin in der Klinikverwaltung, sitzt also an bester Informationsquelle
und kann selber gezielt Informationen weitergeben. Richards vertrautester Kollege hat bei einer Chefvisite unbedacht und verärgert über die unverantwortliche Missachtung von wichtigen Statistikergebnissen, deren Beachtung zur richtigen Behandlung der Kranken notwendig, das Wort Politikschmus, verwendet. Politikschmus könne Kranke nicht heilen.
Richard ist auch Wernsteins Vorgesetzter, für ihn verantwortlich und muss für ihn bei seinem Chef gerade stehen. Er will seinem Freund helfen, darf aber sich nicht in Gefahr bringen.
Meno, Lektor, wird nach Ostrom bestellt zu Basano, Bezirkssekretär, weil er sich für ein Buch einer Schriftstellerin einsetzt, die sehr ehrlich Missstände
in der DDR schildert. Veranlagt wird, dass er die völlige Umschreibung des Buches erreicht. Meno seinerseits kann mit seinen vorsichtigen Versuchen nur erreichen, dass das Buch nicht direkt abgelehnt wird. Er ist aber aufgefordert, drei Außengutachten und eine Übersetzung für die Russen herbeizuziehen. Meno weiß, als er dem zustimmt, dass damit das Buch gestorben ist.
PS: Mit diesem Teil 8 ist die Mitte des Romanes ungefähr erreicht. Es sind wesentliche Themen die politischen Verhältnisse, sowie die Lebensverhältnisse der ehemaligen DDR betreffend angesprochen worden.
Ich möchte diese Beitragsreihe hiermit schließen, in der Hoffnung, doch in dem einen oder anderen ein Interesse für die Thematik angeregt zu haben.
Liebe Grüße, Uli